.. Mein Unterkiefer zitterte, ich spürte wieder die wärme in meinem Gesicht - mein Kopf kochte vor Wut, Entsetzen und Enttäuschung. Wieso schrieb er mir
"Kann ich heute Abend mit dir rechnen?", wenn er mit Tamara zur Party erscheint? - Ich versteh diesen Jungen nicht, ich versteh ihn einfach nicht. Halte durch, halte durch, dachte ich mir, ich muss damit versuchen klar zu kommen, irgendwie.
Tim stand immer noch wie angewurzelt neben mir, und starrte mich verwundert an, mit einem leichten Lächeln auf den Lippen, aber er wusste, jetzt war der falsche Moment um Witze zu reißen - ich stand kurz vor einem Nervenzusammenbruch.
Er und Tamara tuschelten, und sie hielt sich vor lachen an seinem Oberarm fest, hin und wieder warf sie mir ein schiefes, eingebildetes gekonntes Lachen zu, - am liebsten wäre ich rüber zu ihr gegangen und hätte ihr eine geknallt - aber das ist nicht meine Art. Sie zeigte mit ihrem Finger auf mich. Ich schaute verlegen zu Boden, Tim hatte die Situation immer noch nicht ganz verstanden.
Pablo sagte irgendwas zu ihr, und sie kam auf mich zu - als hätten sie sich abgesprochen, und das gefiel mir ganz und gar nicht. "Mila!" - "Tamara!", sie musterte mich von oben bis unten. "Schönes Top, woher?", das ist ihr Standartspruch, da ihre Eltern eine eigene Firma haben, denkt sie, sie kann von oben herab reden. "Fahr zur Hölle!", mit diesen Worten verabschiedete ich mich von ihr. Ich hatte total vergessen das Tim auch noch neben mir stand, und dem Geschehen folgte - ich nahm ihn an der Hand und zerrte ihn mit raus, in den Garten. "Tschüss Tamara, war nett dich zusehen.", sagte Tim zu ihr, sie interessierte das nicht - und das zeigte sie ihm auch, mit einem lauten Auflach. "Was war das denn?", fragte er mich als wir draußen angekommen waren, und ich mir hektisch eine Zigarette anmachte. "Dieses Mädchen geht mir gewaltig auf den Sack, sie denkt, sie darf, sie kann und sie kriegt alles was sie will. Sie's 14, 14 Jahre Tim, da krieg ich so einen Hals!", ich zeigte es ihm Bildhaft. - "Tamara?", die Stimme kam mir mehr als bekannt vor - das konnte doch jetzt nicht .. ich drehte mich langsam und in Zeitlupe um. Da stand er nun - in seiner
Humör-Hose, mit seinem schwarzen Shirt und seinen braunen Lederschuhen. Seine Haare sahen heute besonders schön aus - obwohl sie viel zu kurz sind, was mir persönlich überhaupt nicht gefällt und sein Gesicht hässlich macht - für seine Umstände natürlich. "Bekomm ich keine Antwort?", fragte er mich, und schenkte mir ein schiefes Lächeln. "Sie's eine dumme Kuh, jetzt hast du deine Antwort.", ging ich hoch. "Ich geh aus mit ihr, und du würdest gern.", sagte er lachend aber trotzdem ernst. Ich dachte jetzt gehen alle meine Lichter aus - ich kam richtig in Fahrt, das konnte heute Abend nichts mehr toppen. Ein Schuss Hohn lag in meiner Stimme. "Erzähl mir bitte nicht, Tamara Blancd' sei eines dieser Mädchen, die dich in die Bibliotheken verfolgen - eine von Millionen ..." - "Ich sage nur, wie's ist. Aber.", fügte er beruhigend hinzu., "keine Sorgen Mila, sie wird mich nie bekommen. Sie hat längst nicht meine Klasse. Oder deine." - "Ach, tatsächlich?", ich klang nicht sehr überzeugt. "Ja, sicher, und überhaupt ist sie nur ein Dachs." - "Ein bitte was?" - "Ein Dachs, ist doch klar." - "Nein.", leicht verlegen, das er einen so
alltäglichen Begriff erklären sollte, sagte er schnell: "Ein Dachs ist der Ausschuss, zweiter Wahl. Ein Mädchen, das schon überall herumgereicht worden ist. Das genaue Gegenteil von ...", ich fiel ihm ins Wort: "Was denkst du eigentlich wer du bist Pablo? Klar, ich und sie, wir hassen uns, aber wieso redest du so schlecht über sie, und tust so als würdest du sie mögen? Stattdessen schleppst du sie mit auf die Party?", die Frage fiel ihm schwer zu beantworten, nicht mal ich wüsste eine Antwort darauf. "Ich sags dir Pablo: Sie ist ein Spielzeug für dich, so wie jedes Mädchen, du spielst mit uns wie mit einem Fußball. Du kickst uns umher, zeigst uns deine kalte Seite wenn wir dir nicht gefallen wollen. Du Pablo, du bist ein Dachs!", ich wandte mich ab zum gehen, weil mir die Tränen in den Augen standen - ich weiß noch nicht genau wieso ich dies jetzt tat, aber für ein Moment dachte ich, ich müsste weinen. Ich bin kein Mensch der Schwächen aber auch als ich merkte das Tim verschwunden war, konnte ich nicht mehr gegen die Tränen ankämpfen, es war mir zu mühsam, zu mühsam jemanden zu suchen an den ich mich anlehnen könne - wenn dieser Mensch zu dem ich wöllte, der gewesen ist der mir gerade auf's Neue bewiesen hat was er für ein Mensch ist.
Mir war egal, ob mir alle hinterher schauten, und tuschelten, mir war egal ob sie lästerten - ich wollte nur noch raus, raus aus dieser Bude, raus aus diesem Gestank. Als ich die Treppe hochstolperte, da der Campari leichten Einfluss auf meine Koordination hatte und endlich die letzte Treppenstufe erreicht hatte, setzte ich mich neben die Tür, der Küche, des Hauses, und fing an zu heulen - elendig zu heulen. Ich wusste, das ich diesen Abend nie vergessen werden, ich wusste, ich hätte daheim bleiben sollen, ich hätte hier nicht sein dürfen. Mit den Kopf zwischen meinen Knien, und den Tränen auf meinem Top, versuchte ich die letzten Minuten komplett aus meinem Leben zustreichen,
ihn, endgültig aus meinem Leben zustreichen. - an diesem Zeitpunkt ging ich davon aus, das er irgendwo unten ist, - ich wusste aber nicht, das er nach mir die Party verlassen hat. Wieso? -
Um mich zu suchen.
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